E-Autos: Lädt Deutschland richtig auf?

13. Februar 2024
Ladesäulen sind die Achillesferse der Verkehrswende.

Die automobile Zukunft ist elektrisch – doch noch können die Fahrzeuge längst nicht überall aufgeladen werden. Wie sieht es mit der Ladeinfrastruktur in Deutschland aus?

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat darüber Ende letzten Jahres eine Studie veröffentlicht. Die Ergebnisse stimmen zunächst positiv: Insgesamt gab es am 1. Juli 2023 in Deutschland 101.421 offiziell gemeldete Ladepunkte, davon 19.859 Schnellladepunkte. Anfang 2023 waren es noch 80.541 – ein deutlicher Zuwachs. Die Gesamtzahl liegt sogar noch etwas höher, da einige Anbieter wie Tesla nicht in der Statistik enthalten sind. Darüber hinaus wächst die Zahl der Ladepunkte schneller als die der Elektroautos. Das Verhältnis hat sich auf 21 E-Autos pro Ladepunkt verbessert, im Vorjahr lag es noch bei 22 zu 1.

Trotz dieser Fortschritte ist Deutschland noch weit von seinem selbst gesteckten Ziel entfernt. Geplant sind bis 2030 eine Million Ladepunkte und ein Verhältnis von 15 zu 1. Um das zu erreichen, müssten pro Woche rund 2.200 neue Ladepunkte entstehen – derzeit sind es nur 540. Bei diesem Tempo würde das Ziel bis 2030 nur zu einem Drittel erreicht. Vor allem aber gibt es noch viele weiße Flecken auf der Landkarte: Fast die Hälfte aller deutschen Kommunen, insbesondere im ländlichen Raum, hat noch keine einzige Lademöglichkeit.

Ingolstadt: Innovationszentrum für Elektromobilität

Das Ladenetz-Ranking des VDA verwendet drei Kennzahlen: A-Wert, T-Wert und S-Wert. Der A-Wert misst die Attraktivität von Elektroautos in der Region und setzt alle zugelassenen Pkw (inklusive Verbrenner) ins Verhältnis zu den öffentlichen Ladepunkten. Der T-Wert gibt an, wie viele Elektroautos auf einen Ladepunkt kommen. Der S-Wert berücksichtigt nur Elektroautos und Schnellladepunkte mit mindestens 22 kW Leistung.

Sowohl beim A-Wert als auch beim T-Wert führt Ingolstadt das Ranking an. Hier kommen 66 Pkw und 4,2 Elektroautos auf einen Ladepunkt – das ist der Spitzenwert in Deutschland. Zum Vergleich: Das Schlusslicht ist Mülheim an der Ruhr mit 4.071 Elektroautos bei nur 50 Lademöglichkeiten. Ingolstadt hat mit knapp 1.600 Ladepunkten an rund 100 Standorten heute mehr als doppelt so viele Ladepunkte wie noch im September 2022. Allein im ersten Halbjahr 2023 kamen 859 neue hinzu. Haupttreiber dieser rasanten Entwicklung ist nicht nur die Stadt selbst, sondern auch Audi: Viele der Ladestationen befinden sich auf dem Werksgelände. Sie stehen nicht nur den Mitarbeitern, sondern auch der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Hinzu kommt: Nicht in der Statistik enthalten sind private Ladepunkte, insbesondere Wallboxen in privaten Garagen. Diese werden zwar den örtlichen Netzbetreibern gemeldet, aber nicht zentral erfasst. 70 bis 80 Prozent aller Ladevorgänge von E-Autos in Deutschland finden im privaten Bereich oder am Arbeitsplatz statt. In Ingolstadt, wo über 80 Prozent der Gebäude Ein- und Zweifamilienhäuser sind, geht man von mehreren Tausend privaten Wallboxen aus.

„Die Menschen brauchen die Sicherheit, überall und jederzeit unkompliziert laden zu können, um auf E-Mobilität umzusteigen.“
Hildegard Müller
Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie e.V.

Deutschland auf Platz zehn in Europa

Deutschland steht vor großen Herausforderungen, wenn es bei der Mobilitätswende international vorangehen will. Das zeigt der Vergleich mit dem Ausland: Laut EV Readiness Index des Leasingunternehmens LeasePlan ist Deutschland im europäischen Gesamtranking 2023 auf den zehnten Platz zurückgefallen. Spitzenreiter ist Norwegen, gefolgt von den Niederlanden.

Hoffnung machen Berechnungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): In Zukunft könnten viel weniger Ladeschnittstellen ausreichend sein, da die Ladeleistung aufgrund technologischer Innovationen steigen werde. Die große Vision: E-Autos sollen beim Fahren Strom tanken. In Stuttgart wird daran bereits geforscht: Mittels induktivem Laden soll Energie über ständig wechselnde Magnetfelder von der Straße auf das Auto übertragen werden. Ab 2025 startet dazu ein Pilotprojekt auf einer Autobahn in Bayern. Damit wären Ladestationen nahezu überflüssig. Doch bis es so weit ist, bleibt nur eines: die Ladeinfrastruktur konsequent auszubauen. Dabei könnte Ingolstadt als Erfolgsbeispiel dienen. Durch die enge Kooperation von Kommune und Industrie ist dort ein Mobilitätsangebot entstanden, das auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten ist und die regionalen Stärken ausspielt.